Solidaritätszuschlag "noch nicht" verfassungswidrig?
Wer Einspruch gegen die Erhebung des Solidaritätszuschlags eingelegt hat, wird wahrscheinlich enttäuscht aber praktisch kaum überrascht sein, dass man damit zumindest für Veranlagungszeiträume vor 2020 keinen Erfolg haben konnte. Die obersten Finanzbehörden der Länder haben solche Einsprüche durch Allgemeinverfügung vom 04.08.2025 zurückgewiesen, in denen geltend gemacht wird, das Solidaritätszuschlagsgesetz 2025 verstoße gegen das Grundgesetz. Wer damit nicht einverstanden ist, kann innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe der Allgemeinverfügung im Bundessteuerblatt Klage vor dem Finanzgericht einreichen.
Die rechtlichen Argumente gegen die Verfassungswidrigkeit sind, dass (a) das finanzielle Ausgleichssystem nicht zu Lasten der Länder verändert werden darf, (b) keine Verpflichtung zur Befristung einer Ergänzungsabgabe besteht, (c) keine Zweckbindung der Einnahmen besteht und (d) gegen das Rechtsstaatsprinzip nicht durch einen irreführenden Begriff verstoßen wird. Klar ist m. E., dass der Solidaritätszuschlag unter den Gesichtspunkten der Effizienz und Wahrhaftigkeit eine der unglücklichsten Regelungen im deutschen Steuerrecht darstellt und diese Punkte durch Beschränkung auf weniger betroffene Steuerpflichtige nicht ausgeräumt werden. Ob dies den Solidaritätszuschlag allerdings de jure verfassungswidrig macht, entscheiden nur die zuständigen Richter. Das Bundesverfassungsgericht hat bislang keine Sachentscheidung getroffen.
Der Bundesfinanzhof hat am 17.01.2023 (IX R 15/20) geurteilt, dass der Solidaritätszuschlag „in den Jahren 2020 und 2021 noch nicht verfassungswidrig“ gewesen ist. Dieser Leitsatz deutet schon an, dass auch zuständige Spitzenjuristen die Sache für einen Grenzfall halten und der Gesetzgeber handeln müsste – was er aber nicht vollumfänglich tut. Wer viel Energie hat, mag den Kampf folglich weiterführen.